Die „gute alte Zeit“ und die Macht der „Päärdsbaure“

Der ständischen Ordnung entsprechend gab es in der Dorfgesellschaft eine Dorfhierarchie. Die Hierarchie im Dorf orientierte sich im wesentlichen an der Größe des Besitzes und ergab in allen Lebensbereichen ein gestuftes Gefüge von Einflüssen und Abhängigkeiten. Es ist die alte Dorfhierarchie der Vormoderne, an deren Spitze die wenigen großen Bauern standen, denen die wirtschaftliche und politische Macht gehörte. Ihre Anzahl entsprach nicht ihrer Bedeutung, in Bliesen waren es 1718 15 Bauern und 150 Jahre später war die Zahl nicht wesentlich größer. Sie hatten im Gemeinderat das Sagen, waren Brotgeber der untersten Schicht, besaßen das meiste Land und die größten Häuser.

Es waren die Pferdebauern, die „Päärdsbaure.“ Sie waren darauf aus, ihren Besitz nicht nur zu erhalten, sondern auch zu vermehren. Dies geschah durch Heirat, indem ein Bauer eine Bauerstochter zur Frau nahm und so zu Besitz kam, Eheschließungen also unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Um den Besitz zu erhalten und nicht durch Landeszerstücklung bei der Erbteilung die wirtschaftliche Grundlage zu entziehen, wurde bei uns, obwohl es kein Erbhofgesetz gab und die Realteilung des Landsitzes unter die Erben nach der Französischen Revolution geltendes Recht wurde, der älteste Sohn der Hoferbe. Die Geschwister heirateten oft nicht und blieben als Ledige daheim oder ein Mädchen ging ins Kloster und ein Junge wurde, wenn möglich, Geistlicher.

Manche dieser Bauern waren wohlhabende Leute, einzelne wurden sogar reich. Zum Beispiel Johan Biegel, Menges genannt, Landwirt, Gastwirt und Brennereibesitzer, der Land erwarb, indem er an ärmere Leute Geld gegen Zinsen verlieh, und wenn sie mit der Rückzahlung nicht nachkamen, traten sie ihm ein Stück land oder auch eine Kuh ab. Er besaß schließlich Ländereien auf der Tholeyer und Linxweiler Gemarkung. Er war nicht nur reich, er war auch einflussreich. Er fuhr mit der Kutsche aus, was zu seiner Zeit bedeutsamer war, als heute ein Auto zu besitzen, der Landrat kam zu ihm und man sprach von ihm als dem „zweiten Landrat“, was zwar nicht seine Stellung, wohl aber seinem Einfluss entsprach.